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Die Globalisierung als einer der Megatrends der heutigen Zeit hat in der Vergangenheit für die Vermischung vieler verschiedener Kulturen gesorgt. Lieferanten aus China, IT-Experten aus Indien oder die weltweite Expansion der Geschäfts nach Nord- und Mittelamerika bedingen immer den Austausch mit einem vollkommen neuen Kulturkreis. Doch es ist gar nicht notwendig so weit zu gehen, denn schon an den innereuropäischen Grenzen wechselt das Verhalten und die Interpretation der Gesellschaft. Ein gutes Beispiel: die Pünktlichkeit. Während Mittelmeer-Staaten einen vereinbarten Termin als Empfehlung sehen können, sind wir Deutschen sehr korrekt bei der Einhaltung. Was ist richtig und was ist falsch? Nichts ist richtiger oder falscher, denn hier treffen verschiedene Kulturräume aufeinander.
Gerade im unternehmerischen Umfeld gibt es verschiedene Szenarien, wie die Kulturen der Welt das Business beeinflussen können. Man spricht an diese Stelle von externen Faktoren. Gleichzeitig entwickelt ein Unternehmen mit seiner Belegschaft eine ganze eigene Kultur, die beispielsweise das Verhalten, die Zusammenarbeit und damit auch den Ruf nach außen repräsentiert. Diese internen Faktoren mit den externen zu einem möglichst produktiven Ergebnis zu vereinen ist eine der modernen Herausforderungen der Globalisierung.
Gert Hofstede hat in seiner Untersuchung und der Entwicklung eines Modells fünf verschiedene Ansätze beschrieben, die als Einflussfaktoren auf die Kultur eines Unternehmens beschrieben werden. So spielt es für die Unternehmenskultur eine prägende Rolle wie und wer das Unternehmen führt, gleichzeitig aber auch welche individuellen Möglichkeiten der Einzelne hat und nutzen kann. Von der Art und Weise des Zusammenspiels hängen die maßgeblichen, kritischen Punkte in der Organisation ab: Zufriedenheit der Mitarbeiter, Arbeitseinsatz, Fluktuation, Bezahlung und Bereitschaft!
Die Veränderung einer Kultur ist ein unheimlich langwieriger und träger Prozess. Ähnlich wie sich die Evolution der Tiere erst nach Jahrzehnten oder Jahrhunderten an neue Umstände gewöhnt, ist die Kulturveränderung im Unternehmen gleichermaßen geprägt. Es bedarf hier eine aktives Management der Grundlagen einer Kultur, um einen sogenannten Cultural Change herbei zu führen. Darunter wird die nachhaltige Veränderung der Unternehmenskultur verstanden, die die Organisation in einem beschleunigten Tempo weiter entwickelt.
Internationale Teams, ortsunabhängige Arbeitsplätze, Frauen in Führungspositionen – über keinen dieser Punkte wird sich jemand als Notwendigkeit streiten wollen. Dennoch beeinflussen sie jeweils die Kultur eines Unternehmens, was zu entsprechenden Irritationen führt. „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht!" – und was das Unternehmen nicht kennt, akzeptiert es (erst einmal) nicht. So einfach könnte man es ausdrücken, denn schließlich bedeutet Veränderung immer Unsicherheit.
Sich den kulturellen Verschiebungen und Veränderungen der Gesellschaft zu verschließen ist eine sichere Methode die Organisation ins Abseits zu stellen. Vielmehr geht es darum ein aktives Management der Kulturen zu etablieren, dass das Unternehmen für die anstehenden Herausforderungen rüstet.
Während es in den vergangenen Jahrhunderten bei der Arbeitsstelle vor allem darum ging, das überlassene Arbeitspaket abzuarbeiten, ist heute die Zusammenarbeit in Teams weitaus präsenter geworden. Einfache Routine-Arbeiten werden automatisiert durch künstliche Intelligenzen ausgeführt. Zusätzlich steigt der durchschnittliche Bildungsgrad sowie die gesamtheitliche Komplexität von Anwendungen. Etwas salopp formuliert könnte man sagen, dass der einfache Hilfsarbeiter durch intelligente Systeme abgelöst wird, die fortan betreut werden müssen.
Die Stimmung innerhalb eines Teams ist mehr als je zuvor ausschlaggebend für den unternehmerischen Erfolg. Diesen Umstand allerdings passiv sich selbst zu überlassen stellt sich immer wieder als falsche Annahme heraus. Erfolgreiche Unternehmer der heutigen Zeit müssen dem Kulturmanagement einen bedeutenden Platz in ihren Prioritäten geben. Im ersten Schritt ist es notwendig die bestehenden Herausforderungen zu lokalisieren. Fehlende Transparenz, unzureichende Kommunikation, Ziellosigkeit der Mitarbeiter – es gibt viele verschiedene Störfeuer, die für Unruhe sorgen.
Geld, Ruhm und Ehre sind sogenannte Hygienefaktoren bei der Befriedigung der Mitarbeiterforderungen. Die Sinnhaftigkeit der Beschäftigung und das gemeinsame Arbeiten auf ein globales Ziel hin können hier für weitaus mehr Zusammenhalt sorgen. Die Kommunikation und das „Mitnehmen aller Mitarbeiter" stellt in einer erfolgreichen Unternehmenskultur den wichtigsten Kernpunkt dar. Eine gute Möglichkeit hierzu ist die Veranstaltung einer anonymen Mitarbeiterumfrage, in der die kulturellen Werte festgestellt werden. Bei einem Standort wird hierbei kleinere Abweichungen geben als bei einem international aufgestellten Unternehmen, dessen Zweigniederlassungen in verschiedenen Kulturkreisen liegen.
Es wird niemals möglich sein eine Unternehmenskultur, ohne Reibungsverluste zu verändern. Aus der Geschäftsführung sollte dieser kulturelle Umschwung insofern lediglich angestoßen, aber nicht vollführt werden. Die Frage nach der Vision in 5 oder 10 Jahren und ihrer jeweiligen Umsetzung bedingt die Anpassungen aktueller Prozesse an einen neuen Standard. Die umfangreiche Planung des Cultural Change sollte von den Führungsmitarbeitern selbst und der Geschäftsführung vonstattengehen. So stellt der Unternehmer langfristig sicher, dass die Vision und die notwendige Veränderung auf einem sicheren Fundament begeisterter Mitarbeiter steht. Nur wer selbst davon überzeugt ist, wird bei seinen Mitarbeitern das entsprechende Feuer dazu entfachen können.
Gleichzeitig bedeutet dieser Umstand jedoch, dass auf dem Weg dorthin Mitarbeiter und Funktionen verloren gehen werden. Veränderung bedeutet immer, dass aus einem vorhandenen Zustand ausgebrochen wird, um einen Weg in ein neues Szenario zu finden. Mit einer gemeinschaftlich entwickelten Strategie wird ein vollkommen neuer Spirit und mit ihm eine veränderte Unternehmenskultur etabliert werden können. Angemerkt sie an der Stelle, dass die Veränderung der Kultur in einer Organisation eine durchschnittliche Projektdauer von circa 3-5 Jahren hat. Insofern sind hier keine „Quick Wins" zu erwarten, sondern vielmehr eine nachhaltige Veränderung. Während es anfangs vielleicht einem Kraftakt gleich kommen mag, wird der Erfolg mit zunehmender Zeitdauer und intensiver Arbeit jedoch umso größer werden. Schließlich arbeiten nicht mehr X Mitarbeiter mit ihrer Arbeitskraft, sondern ein gesamtes Team, dessen Durchschlagskraft sich exponentiell erhöht mit einer verständnisvollen Kultur.
Der Drang der Menschheit weiterzukommen und eine weitere Stufe zu erklimmen macht selbstverständlich auch vor Unternehmen nicht halt. In der Evolution hat es dazu viele schmerzhafte Ereignisse gegeben, die zu einem neuen geführt haben. Unternehmer müssen an dieser Stelle begreifen, dass es um ihr Unternehmen und ihre Mitarbeiter geht. Wer hier lediglich zuschaut, wird im Zweifel den Einschlag mitbekommen und betrachten wie der Himmel sich verdunkelt. Ist das der unternehmerische Geist und Wunsch?
Der Cultural Change ist sicherlich weder angenehm noch leicht durchzuführen. Die Veränderung hin zu etwas Neuem birgt jedoch die großartige Chance die Fehler der Vergangenheit hinter sich zu lassen. Die Erfahrungen daraus helfen bei der Veränderung in der Zukunft um sowohl dem Unternehmen als auch den Mitarbeitern einen weiteren Vorteil bieten zu können. Fortschritt entsteht immer durch das Verlassen eines Ortes. Ein Muskel wächst nur durch die schmerzhafte Reizung. Und Lernen können wir durch Fleiß, Konzentration und Durchhaltevermögen.