Wie wichtig ein Notfallmanagement ist, erkennen viele Unternehmer und Unternehmen erst, wenn der erste echte Notfall vorliegt. Nichts geht mehr und das Unternehmen versinkt im Chaos, weil es keine generelle Anleitung für diesen Fall gibt. Auch wenn eine solchen Verhaltensrichtlinie vermutlich sehr unsexy klingt, kann sie jedoch die Chancen für eine unbeschwerte weitere Existenz maßgeblich erhöhen.
Verletzt sich jemand beim Fußball und trägt eine Schürfwunde, einen dicken Knöchel oder auch ein gebrochenes Schienbein davon, so ist das zweifelsfrei schmerzhaft. Die Wahrscheinlichkeit jedoch, dass er wieder vollständig genesen wird und anschließend der Mannschaft wieder helfen kann, ist sehr hoch. Ist das ein Notfall? Keinesfalls!
Auch im Unternehmens-Alltag gibt es immer wieder Ereignisse, die solche kleineren Verletzungen hinterlassen. Gerichtliche Auseinandersetzung, neue Wettbewerber oder auch die vielzitierte Fachkräftemangel sind Beispiele, die vermutlich mit den sportlichen Verletzungen zu relativieren sind. Hier kann jedes Unternehmen eigenständig die Lösung erarbeiten und zielorientiert dazu beitragen. Selbstverständlich ist eine falsche Behandlung an der Stelle mitunter ein gefährliches Terrain, ähnlich wie eine falsch behandelte Schürfwunde zu einem eitrigen Abszess werden kann.
Ein Notfall ist jedoch ein Moment, in dem das Unternehmen von 100 km/h auf 0 km/h gestoppt wird. Eine ganze Abteilung kündigt geschlossen, alle Kunden wenden sich gleichzeitig ab oder der Unternehmer erleidet einen Herzinfarkt oder wird anderweitig aus dem Rennen genommen. Momente also, in denen das Unternehmen ab dem nächsten Moment orientierungslos ist.
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit dieser Ereignisse nicht besonders hoch ist, so ist das doch das davon ausgehende Risiko enorm. Was passiert, wenn der Unternehmer samt seines strategischen Gedankenguts mit einem Hirnschlag erleidet und er monatelang in die Reha muss? Wie soll morgen das Geschäft erledigt werden, wenn wichtige Schlüsselpersonen von heute auf morgen kündigen und nicht mehr kommen? Genau hier wird ein Notfallmanagement notwendig.
Das Notfallmanagement setzt genau hier an. Der Unternehmer und das Unternehmen selbst müssen hier ehrlich die geschäftskritischen Risiken einschätzen und schriftlich fixieren. Auch wenn die Aufgabenstellung scheinbar ohne Begründung ist oder aber derzeit nicht akut ist, ist sie extrem wichtig. Denn das Notfallmanagement soll im Notfall das Chaos eindämmen und beseitigen, nicht aber dazu animieren erst im Notfall selbst über das Management nachzudenken.
Insofern gilt es alle kritischen und risikoreichen Ereignisse einzuschätzen und hinsichtlich ihrer Wahrscheinlichkeit zu bewerten. Was passiert bei einem Stromausfall? Was geschieht, wenn die Treibstoffversorgung im Land zusammenbricht? Wie ist auf eine Blockade der Mitarbeiter zu reagieren? Was ist zu tun, wenn die Führungsetage des Unternehmens in Untersuchungshaft genommen wird?
Jedes Unternehmen hat sein ganz eigenes Risikoprofil. Für eine Unternehmensberatung hat der damalige Vulkanausbruch auf Island enorme Auswirkungen, da die Mitarbeiter nicht rechtzeitig aufgrund der Flugbeeinträchtigungen anreisen konnten. Für eine Spedition oder eine Marketing-Agentur könnten die Auswirkungen jedoch minimal gewesen sein.
Da jedes Unternehmen ganz eigene Schwerpunkte hat und sich darauf konzentriert, muss es auch das Notfallmanagement selbst erstellen. Zwar gibt es hier mit dem BSI Standard 100-4 Notfallmanagement (https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/ITGrundschutz/ITGrundschutzStandards/Standard04/ITGStandard04_node.html)eine erste verallgemeinerte Idee, doch ist diese nicht für jeden Anwendungsfall vollumfänglich. Um schlagkräftig und entscheidungsfähig zu bleiben, bedarf es eines individuellen Notfallmanagements.
Je nach Auswirkungen der Risiken sind entsprechende Notfallszenarien zu definieren, die hier Abhilfe und Orientierung schaffen können. Das kann in jedweder verfügbaren Form sein, jedoch muss auch hier das Risiko beachtet werden. Schriftliche Unterlagen, die in einer Cloud gespeichert sind und die Orientierung im Krisenfall geben sollen, sind nutzlos, wenn das Netzwerk ausfällt. Hier gilt es die relevanten Unterlagen auf verschiedenen Medien nutzbar zu machen, um das Risiko zu minimieren.
Nachdem die geschäftskritischen Prozesse definiert wurden, gilt es hierzu entsprechende Lösungen zu erarbeiten. Dabei ist darauf zu achten, dass nicht nur kritische Geschäftsprozesse beachtet werden, sondern auch Verträge, Stammdaten zu Kunden und Lieferanten sowie notwendige Unterlagen und Zugänge einem Personenkreis zugänglich gemacht werden.
Was ist ein Unternehmen wert, dass zwar operativ weiter die Dienstleistung erbringen kann, aber weder die eigenen Mitarbeiter noch Rechnungen von extern bezahlen kann?
Letztlich muss das Notfallmanagement an der Stelle den Ausfall und das Risiko „ersetzen und regeln“. Je besser und detaillierter dieser Arbeitsauftrag erledigt wird, desto geringer ist am Ende das Risiko für den Notfall. Dabei geht es nicht darum, dass die Geschäftsprozess bis in kleinste Detail erläutert werden, sondern vielmehr das das Übergangsgremium in die Lage versetzt wird das Unternehmen weiter zu führen.
Struktur ist das, was das Chaos beseitigt. Insofern sollte das Notfallmanagement im Zweifel die geeignete Anleitung sein, um dem Notfall zu begegnen. Die IHK Reutlingen hat dazu ein Notfall-Handbuch erarbeitet, dass sich in folgende Themenblöcke clustert:
• Grundlegende Regelungen
• Finanzen
• Mitgliedschaften
• Verträge und Urkunden
• Betriebliche Daten
• Sonstiges
• Persönliche Wünsche und Vorstellungen
So kann mitunter im Rahmen des Notfallmanagements festgelegt werden, das ein Ersatzgremium den Notfall begleiten soll und wer in diesem Krisenrat sitzen soll. Je nach Ausmaß können hier beispielsweise Externe wie Rechtsanwälte, Notare oder andere Experten hinzugezogen werden, die gleichermaßen im Notfallmanagement namentlich benannt und mit den Kontaktdaten gespeichert werden müssen.
Im Rahmen dieser Definition sind auch diejenigen Ansprechpartner festgeschrieben, die für den Erhalt der produktiven Prozesse verantwortlich sind sowie einem geeigneten Vertreter. So ist mit einer hohen Wahrscheinlichkeit sichergestellt, dass alle notwendigen Geschäftsprozesse im Notfall weitergeführt werden können.
Ähnlich wie das Verhalten beim Feueralarm, sollte auch der Krisenfall regelmäßig überprüft und geübt werden. Im bestmöglichen Fall werden die Unterlagen so aktuell gehalten, dass es zu keinem Zeitpunkt ein höheres Risiko im Notfall gibt. Notfallmanagement bedeutet zudem, sich regelmäßig mit dem Notfallplan auseinander zu setzen.
Dazu gehört unter anderem die Überprüfung der Richtigkeit der Ansprechpartner und Ablageorte. Ändern sich interne oder externe Ansprechpartner, Zuständigkeiten oder auch Verweise, ist dies im Notfallplan entsprechend zu ändern. Denn schließlich ist niemandem im Notfall geholfen, wenn der Plan 10 Jahre alt ist und 90% der benannten Personen nicht mehr im betrieblichen Zusammenhang ansprechbar sind.
Immer wieder liest man in der Presse von mittelständischen Unternehmen, die aufgrund von Notfallszenarien in eine Krisensituation gerutscht sind. Nicht selten ist hier mitunter ein gesundheitlicher Notfall des Unternehmers oder der Führungsetage der Auslöser für einen Notfall. Solche Ereignisse gibt es leider und sie lassen sie nicht sicher vorhersehen.
Um aber genau dann handlungsfähig zu bleiben, kann das Risiko massiv minimiert werden, wenn ein Notfallmanagement installiert wird. Auf diese Art und Weise ist vor allem der Fortbestand des Unternehmens gesichert. Statt der Verschärfung der Krise durch fehlende Unterlagen und Zuständigkeiten wird dem Mitarbeite rund dem Unternehmen eine Sicherheit geboten, die gleichfalls Orientierung verspricht.
Und ganz nebenbei lässt es sowohl den Unternehmer als auch die Mitarbeiter deutlich ruhiger und entspannter einer Krise entgegen schauen, wenn hierfür ein entsprechender Masterplan entworfen und so verfügbar gemacht wurde, dass er zielorientiert verwendet werden kann.